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We were just flying

Der Weg aus Budapest raus und die Route nach Belgrad bleiben simpel und flach. Immer dem großen Fluss nach. Eingangs hatte Mario keine Lust von Budapest aus weiter an der Donau entlang zu fahren, da der Abschnitt für seine Eintönigkeit bekannt ist. Aber nach Belgrad/Serbien ist es nun einmal die sinnvollste Route. Also los.
Zu Gast bei Michael 
Nach nichtmal zehn Minuten im Sattel fallen uns zwei Radreisende am Straßenrand ins Auge. Caro und Luba aus Jena. Sie pumpen gerade einen ihrer Reifen wieder auf und wollen weiter der Donau entlang in Richtung Rumänien. Wir quatschen kurz und entscheiden uns gemeinsam weiterzufahren. Die Gesellschaft im Sattel ist eine willkommene Abwechslung und so spulen sich 70-80KM wie von selbst ab. Am Abend fragt Caro einen Mann am Straßenrand wo es denn Trinkwasser gäbe. Wir kommen ins Gespräch und nach den ersten drei Sätzen lädt uns Michael in sein Wochenendhaus an einem Donauarm ein. Und damit nicht genug. Dort angekommen stellt sich raus, das wir in seinem Haus und dem Nebenhaus (dem seiner Eltern) übernachten können. Eigentlich will er alles mit uns teilen. Wir kochen gemeinsam in seiner Küche und Michael spendiert Slivovitz sowie Rotwein. Hausgemacht versteht sich. Der Rest des Abends verläuft erwartungsgemäß amüsant. Am morgen danach werden wir nochmal zum Rührei mit selbstgeschlachteter Wurst eingeladen. Es geht weiter, und wir zelten abends an der Donau.
Einer unserer Zeltplätze an der Donau
Am Tag drauf treffen wir noch Maik und Sam. Maik kommt aus Sachsen, Grenze Tschechien und ist in Budapest gestartet. Sein Plan ist nach Belgrad Skopje anzusteuern und weiter durch den Balkan zu pedalieren, bis sein Urlaub endet. Nach nichtmal zwei Minuten fällt uns auf: Maik ist ein Freund von Sebastian, der uns nach unserer Magenverstimmung umsorgt hat. Kleine Welt. Sam wohnt in Long Island, NY und ist auf dem Weg nach Istanbul. Von dort geht sein Rückflug. Mit reichlich Rückenwind fahren einige Kilometer und Sam sagt „When you travel by bike, you have to go with the weather, this is how you make your miles. Recognize the tailwind, we were just flying“. Zwar trennen sich unsere Wege bald, Caro & Luba wollen über Kroatien weiter in Richtung Belgrad und Sam fährt uns mit 150-180KM pro Tag davon, aber ordentlich Strecke machen wir alle.
v.l.n.r. Maik, Mario, Sam, Caro & Luba
Von unserer kleinen Kolonne bleiben Maik und wir übrig. Unsere Routen sind bis Belgrad identisch, wir fahren vergleichbares Tempo und verstehen uns super. An unserem ersten Abend in Serbien wollen wir in einem großen Waldstück zelten. Da wir aber bereits vor der Dämmerung etliche Wildsauen mit Jungen kreuzen, muss Plan B her. Wir entdecken ein Haus im Wald in dessen Garten zwei Serben sitzen. Wir fragen ob wir nahe dem Grundstück zelten dürfen. Die Antwort fällt klassisch Serbisch aus „You put tent in my Garden, then we have Schnaps“. Der Hausbesitzer, Drago, ist Förster. Auch er würde alles mit uns teilen. Wir bauen unser Zelt auf, trinken ordentlich Schnaps (der Selbstgebrannte natürlich) und dann fällt uns ein Spruch auf der Wand der Holzhütte auf. Knapp zwei Wochen vorher waren Lukas & Ellis auch an diesem Ort. Wenn wir uns recht erinnern heißen die Zwei Lukas & Ellis und wollen nach Australien. Aber das sind nur Vermutungen. Schnaps. Drago selbst spricht ziemlich gut Englisch, hat alles von Paulo Coelho gelesen und lebt im Einklang mit der Natur. Der Abend mit ihm und seinem Kollegen (deren Namen wir komischerweise auch vergessen haben?!) ist wohl das, was man ein besonderes Erlebnis nennt.
Drago, full stop.
Die restlichen Tage bis Belgrad laufen klasse. Die Serben sind ein unfassbar gastfreundliches Volk. Viele Autos Hupen um zu Grüßen. Wir bekommen Schokoriegel geschenkt, als wir an einer Tanke halten. Es wird viel Rücksicht auf Radfahrer genommen und jeder möchte mit einem Schnaps trinken. Das passiert echt oft. Drei mal in den ersten 24 Stunden, ungeachtet der Tageszeit. Wir gehen jeden Tag in der Donau schwimmen, radeln ~100KM pro Tag. An unserem letzten Tag gehen wir drei gemeinsam essen. Wir fahren ins Hostel, Maik weiter den großen Fluss hinab.

We were just flying.