Wir haben es geschafft, wir sind mir unseren Fahrrädern bis nach Istanbul
gefahren. Die Türkei ist dabei nicht nur ein weiteres Land auf der Reise, sie
ist die Grenze zwischen Europa und Asien. Ein starkes Gefühl mit dem Rad den
Kontinent verlassen zu haben.
Unseren ersten Eindrücke von Istanbul |
Direkt bei unserer Ausfahrt aus dem kleinen Städtchen Epanomi, dort wo wir
unsere Strandtage zugebracht haben, treffen wir zwei weitere Radreisende.
Aleksander und Milan von Veloart.
Die zwei sind per Bus und ihren Rädern im Gepäck nach Epanomi gefahren. Nun
radeln sie zurück in ihre Heimat, Sombor in Serbien. Wir fahren gemeinsam bis
Thessaloniki, beschließen den Abend gemeinsam zu verbringen und quartieren uns
alle samt im gleichen Hostel ein. Im Anschluss gehen wir essen und trinken. Für
die Zwei geht es am nächsten Morgen weiter in die Richtung aus der wir gekommen
sind. Für uns, natürlich, in Richtung Osten.
Die Jungs von Veloart aus Serbien |
Bis Istanbul sind es rund 700KM, wovon etwa 500KM in Griechenland liegen.
Unsere Route führt uns entlang der alten National Highways. Der verläuft fast
ausschließlich entlang der Küste und ist dank der neu gebauten Autobahn so gut
wie leer. Perfekt. Der Streckenabschnitt Thessaloniki-Türkische Grenze ist mit
Abstand der schönste auf unserer bisherigen Reise. Das Meer immer zu seiner
Rechten und die Berge zu seiner linken. Bezahlen tut man das ganze mit starkem
Gegenwind und einigen Höhenmetern, die sich durch das ständige Auf und Ab
summieren. Ach ja, und dieser eine Streckenabschnitt, auf welchem wir uns 20KM
durch felsiges Gestein gequält haben. Dennoch, der Ausblick entschädigt für
alles und nach den Strapazen landen wir an einem großen Strand. Dort ist nichts
außer einer kleinen Bar und 15-20 Einheimischen. Für unsere letzten Euros
kaufen wir uns Fanta und Bier, quatschen mit den Leuten und zelten in der Nacht
oberhalb vom Strand.
Unser Privatstrand in Griechenland |
So vergeht die komplette restliche Strecke in Griechenland. Zumindest so
lange bis sich Mario auf die Nase legt. Bei einer kleinen Abfahrt, in einem kurzen
unkonzentrierten Moment, bleibt das Vorderrad im Kies stecken. Das Ergebnis ist
eine kaputtes Lager der Pedale und ein verbogener Kurbelarm (Shimano XT Kurbel
– muss man erstmal schaffen). Mario hat eine Schramme am Beim. Drama, in Griechenland, Thessaloniki knapp 200KM
im Rücken. Wir fahren noch rund 15KM weiter, zelten und am Morgen drauf weitere
20KM in die nächste Stadt namens Kavala. Dort findet sich ein kleiner Radladen
wo wir zumindest einen Satz Pedale erhalten. Aber der Kurbelarm? Mit dem
verbogenen Arm fährt es sich wie mit Kniescheiben in Eierform. Im Radreiseforum
finden wir eine Empfehlung für einen Radladen in Thessaloniki. Wir rufen dort
an und schildern unser Problem. Die Leute aus dem Laden kennen einen kleinen Shop
10KM von Kavala entfernt und geben uns eine Telefonnummer. Und ja, der Shop hat
einen passenden Kurbelarm. Second Hand für 13€. Danke Costa!
Das Rad lässt sich wieder fahren |
Einige Tage später ist es dann soweit: Morgens stehen wir an der
Griechisch-Türkischen Grenze. Eine gute Stunde später sind wir in der Türkei
und ziemlich aufgeregt. Die türkischen Straßen sollen gefährlich sein, richtige
Horrorgeschichten haben wir gehört. Aber in Summe hält sich alles im Rahmen.
Die Straßen sind zwar groß, teilweise dicht befahren, aber die Türken fahren
rücksichtsvoll und lassen uns genügen Platz.
Eine Türkische Schnellstraße. Viel Verkehr gibt es nur vor den Städten |
Radfahren in der Türkei fühlt sich an wie die Tour de France mit rund 80
Millionen Fans und ihren Begleitfahrzeugen. Die Leute applaudieren und jubeln
uns vom Straßenrand aus zu. Aus vorbeifahrenden Autos wird uns kaltes Wasser
gereicht. Total verrückt. Am Nachmittag halten wir in einem kleinen Dorf und
kaufen uns Eis. Dort sind wir natürlich direkt das Gesprächsthema. Als wir den
Leuten sagen, dass wir nach Istanbul wollen sind sie erschrocken. Wir sollen
lieber die Schnellstraße/Autobahn und nicht die kleine Dorfstraße nehmen. Sie glauben wir haben uns
verfahren. Wir bekommen ein Telefon ans Ohr gedrückt. Am anderen Ende ist der
Cousin von einem der Anwesenden. Er spricht Deutsch und fragt ob wir uns
verfahren haben. Wir erklären, dass alles in bester Ordnung ist und es uns gut
geht. Wir haben uns auch nicht verfahren. Zur Sicherheit wird noch ein weiterer
Dorfbewohner mit Deutschkenntnissen konsultiert. Man hält uns nun zwar für
komplett wahnsinnig, aber wir dürfen weiter fahren. Auf halbem Weg zu unserem
Tagesziel hält ein Pickup neben uns. Drin sitzen zwei Jungs aus dem Dorf. Sie
haben ein schlechtes Gewissen, weil sie uns nicht helfen können. Sie wollen uns
unbedingt noch über den Berg zu unserem Tagesziel fahren. Na gut. Am Ziel erklären
sie dem Hotelmanager das er ja gut auf uns aufpassen soll. Sonst gibt es Ärger.
Türkiye, wie kann man so unglaublich fürsorglich sein. Danke.
Am Tag drauf fahren wir bis Çorlu. Einer größeren Stadt 100KM vor Istanbul.
Hier schlafen wir bei Çetin, den wir bei Warmshowers gefunden haben. Çetin
kennt die Türkei wie seine Westentasche und hilft uns noch bei der
Routenplanung für die Einfahrt nach Istanbul. Diese läuft dann auch, entgegen
unserer Erwartungen, problemlos. Der Verkehr ab 30KM vor Istanbul ist zwar
dicht und wir müssen über die Stadtautobahn, aber nach wie vor wird viel
Rücksicht genommen und wir haben genügend Platz.
Çetin und sein Vater |
Nun genießen wir Istanbul. In der Stadt findet man alle hundert Meter
eine neue Welt. Der Westen liegt nun endgültig hinter uns und das fühlt man.
Ein tolles Gefühl.
Istanbul. Anders in jeder Ecke. |